Carl Zeiss Sonnar 50mm 1.5 (1932) Contax
Die Geschichte des Zeiss Sonnar 50mm 1.5 beginnt, wie so häufig, mit einem erbitterten Kampf zweier Rivalen: Ernst Leitz gegen Carl Zeiss, der Familienbetrieb aus Schwaben gegen die Tüftler aus Jena, Leica gegen Contax. Der Markt war heiß umkämpft, und lichtstarke Objektive waren zu der Zeit technisch sehr aufwendig und schwierig umzusetzen.
Wir schreiben das Jahr 1925, als ein findiger Konstrukteur und Designer nach Jena kam um letzendlich die Welt mit dem Sonnar zu beglücken - Dr. Ludwig Jakob Betele - und eine neue Ära des Objektivbaus begann.
Contax II mit Sonnar 50mm f2, Gegenspieler der Leica
aus dem Hause Zeiss.
Das Sonnar 50mm 1.5
Durch clevere Verkittung und dem Einsatz von fluoreszierendem Glas konnte Bertele die Linsengruppen so gering halten wie möglich, um Reflexionen auf ein Minimum zu reduzieren. Dadurch ließen sich vergleichsweise enorm leistungsstarke Linsen konstruieren, die nach bzw neben dem 50mm f2 schließlich zum ersten, massenproduktionstauglichen und hochlichtstarken 50mm führte, dem Sonnar 1.5.
Grundsätzlich für die Contax produziert, gab es auch eine kleine Stückzahl des 50mm 1.5 für das Leica Bajanett, die heute einen sehr hohen Preis auf dem Gebrauchtmarkt erziehlen, dort aber leider auch von russischen Fälschungen gar überzogen wurde. Die Chance ein echtes Sonnar 50mm im LTM Mount unter 600 Euro zu erhalten, sind somit gleich null. Zeiss sorgte 2010 für Aufsehen, als das Unternehmen eine neue Version des 1930 gebauten Klassikers auf den Markt brachte. Diese Version unterscheidet sich zur alten nur in puncto Beschichtung und Fassung, die Rechnung ist die selbe geblieben. Das Objektiv schlägt mit knapp 1000 Euro zu Buche - was das alte Sonnar zu einem Schnäppchen macht!
Optik und Haptik
Bei meiner Version handelt es sich um die seltene beschichtete Variante aus dem Kriegsjahr 1940. Als Adapter für die Leica sowie an der A7 kommt ein qualitativ sehr hochwertiger Amedeo Adapter, eigens importiert aus Venezuela für knappe 200 Euro (Vorsicht Zollfalle), zum Einsatz. Dieser Adapter generiert das Kamera-interne Contaxgewinde und sorgt für die korrekte Umsetzung an die Fokuskupplung der Leica.
Das Objektiv ist für ein 50mm dieser Lichtstärke sehr klein und handlich, ohne Adapter wiegt es gerade einmal
77g, mit Adapter montiert 128g! Das Gehäuse wurde aus Aluminium gefertigt, ganz im Zeichen der Zeit. Der Filterdurchmesser von 42mm entspricht dem des m42 Tessars 50mm 2.8, was die extreme Kompaktheit des 1.5ers verdeutlicht. Die mit zahlreichen Lammellen ausgestattete Blende hat keine einrastenden Stopps sondern lässt sich durchgängig von 1.5 bis f22 bewegen (was in der Praxis oft zu unerwünschten Blendenverschiebungen führt). Die Leica -Version besitzt einen eigenen Schneckengang, was besonders bei Filter praktischer ist, als ein sich drehender Objektivkörper.
Abbildungsleistung
Das Sonnar war zeitweise das lichtstärkste und gleichzeitig schärfste Objektiv der Welt (zumindest welches in Serie ging). Es war seiner Zeit weit vorraus, und selbst Leitz konnte mit dem Summarit 1.5 kaum gegen das Sonnar 50mm 1.5 ankommen.
Der Kontrast ist - je nach Lichteinfall - für heutige Verhältnisse etwas gering - eine Schwäche wird hier jedoch zur Tugend: Das Bild bekommt einen sehr Vintage-lastigen Look, der gerade bei schwarz-weiß Bilder deutlich zur Geltung kommt: Gleichzeitig, und das macht diese Linse so interessant, liefert das Sonnar eine ausgezeichnete Schärfe - während das Planar 50mm f2 zwar deutlich schärfer ist, aber durch den hohen Kontrast eine sehr klinische, fast seichte Bildwirkung erhält. Man kann den Unterschied ein klein wenig mit den Audio Format MP3 und Schallplatten vergleichen - die sich vor allem im Druck und Klangvolumen unterscheiden. Ähnlich wie Venyl hat das Sonnar eine gar "drückende" Abbildungsleistung, die sich schwerlich beschreiben lässt.
Eine weitere Eigenart der Sonnare, von dem das 50mm 1.5 natürlich nicht ausgeschlossen ist, besteht in der Neigung zum drastischen Glühen bei gewissen (Streu)Lichtvoraussetzungen. Spritzlichter und Motiv werden bauartbedingt überstrahlt, was interessanterweise nicht fehl am Platz wirkt. Je nach Sonnenstand lässt sich dieser Effekt generieren und macht das Sonnar ein Stück weit zur Effekt-Linse
Die Schärfe ist selbst bei f1.5 tadellos - zumindest in der Bildmitte. Zum Rand hin lässt sich ein dramatischer Abfall der Schärfe feststellen, was das Objektiv zwar nicht unbeingt degradiert, aber doch die Linse in vielen Anwendungsbereichen einschränkt. Natürlich muss man hier auch bauartbedinge sowie durch die Adaption geschuldete Dezentrierungen der Linsen beachten, die eventuell auftreten können. In diesem Sinne wäre der Vergleich mit dem Sonnar 50mm 1.5 im LTM Mount von Vorteil, welches mir aber leider nicht vorliegt. Glücklicherweise sind die Randunschärfebereiche sehr schmackhaft und so kommt das Objektiv in diesem Punkt noch einmal mit einem kompromissbehafteten "naja" weg.
Randunschärfe des Todes...
Unter guten Bedingungen lässt sich das Objektiv allerdings zu Hochleistungen der Schärfe pushen, die in der Bildmitte teilweise an frühes Summilux Niveau heran reichen. Besonders überraschend fällt das Objektiv in puncto Ca's und Farbsäume auf, es gibt schlicht keine. Allerdings lässt sich eine deutliche Vignette feststellen, die bei der Randunschärfe auch schon egal ist...
Fazit:
Dieses Objektiv verhält sich polarisierend- die einen lieben es, die anderen schenken es kaum beachtung. Je nach Können und Zufall produziert das Objektiv hervorragende, ja gar unglaubliche Bilder, oder aber kontrastarme und flaue Aufnahmen, die nur in der Bildmitte wirklich scharf sind. Dieses Objektiv ist eine Diva, die sehr viel Zeit in anspruch nimmt. Wer sich ihrer annimmt, wird jedoch mit Schärfe und Bokeh belohnt, die gleichzeitig Vintagelastig als auch modern scharf ist. An der Leica ist sie ein hervorragendes Pendant zum (pre Asph) Summilux, auch wenn das Summilux eine gute Ecke zuverlässiger zu sein scheint. Zumindest bleibt der Überraschungseffekt bei diesem historischen Objektiv nie aus!
Teil II, Das 50iger Sonnar an Leica
Relativ schnell hat sich dieses Objektiv zu meiner Lieblingslinse an der M9 entwickelt. Ich kann leider nicht erklären warum, aber das 50iger Sonnar harmoniert unfassbar gut an der M9. Auch wenn der Amadeo-Adapter alles andere als genau ist, und Fehlfokussierungen ein leidliches Thema sind (nicht so an der SL!), so ist dieses Objektiv dennoch ständig an meiner M9. Die M9 hat den ruf, sehr cremig und oldschool abzubilden, so dass der Kodaksensor unglaubich harmonisch auf das 50iger reagiert. Während die Bilder an der Sony knackiger und schärfer sind (36mpx), ist der Flair des 50igers an der M9 einfach nur bezaubernd. Natürlich ist das eine subjektive Wahrnehmung, bei Zeit werde ich diesen Eintrag jedoch noch mit direkten Vergleichsbildern füttern. So stay tuned!