Der Leica Look

Der Leica Look



Der heutige Blogeintrag soll sich mit einem Phänomen beschäftigen, dessen Diskurs wie kein anderer in der Fotografie (vielleicht noch die Frage Analog vs. Digital) heftig geführt wird - nämlich die Frage, ob es einen sichtbaren Leica-Look gäbe und wenn ja, rechtfertig dieser den übermäßig hohen Preis einer Leica samt Objektiv? Oder gehört der Glaube an die Überlegenheit einer Leica in das Land der Esoterik? Eine Kamera für reiche Hipsterkinder, aber kein Equipment für Fotografen? Die Frage lässt sich garnicht so einfach beantworten, vor allem wenn einem die Bilder im direkten Vergleich fehlen.
Auch hier steht und fällt alles mit der Perspektive. Was ist schön? Was ist besser? Geschmack liegt bekanntlich im Auge des Betrachters und was für den Einen die absolut höchste Kunstform darstellt, kann bekanntlich für den Anderen weg.
Doch gibt es überhaupt einen visuellen Unterschied zwischen Leica und anderen Marken? Oder stellt sich der ganze Leica Hype doch als psychologische Finte heraus? Da ich leider nur noch eine Sony als Vergleichskamera hier habe, kann ich diese Frage nur bedingt durch dieses Posting zufriedenstellend beantworten.
Hauptsächlich aber möchte ich hier erklären, was der "Leica Look" für mich bedeutet, und wie ich diesen Look für mich erkläre.
Ob dieser Look den Aufpreis wert ist, möchte ich dabei nur bedingt beantworten. Soviel sei vorweg gesagt: Der Wert eines Objektives liegt nicht in der Leistung sondern in der Einzigartigkeit seiner Abbildung.

Die Bilder sind mit dem Summilux-M 35mm und 75mm und einer Leica SL sowie M9 entstanden.

Zuerst einmal einmal eine Auswahl an Bilder, die, meines Erachtens, "den Leica" Look besonders deutlich repräsentieren.
Ganz bewusst habe ich mich dazu entschieden, die bearbeiteten Bilder zu verwenden, da schießlich das Endprodukt zählt und nicht die DNG. Gänzlich außen vor lassen möchte ich die materielle Qualität der Leica Produkte, es soll hier ausschließlich um das Foto gehen.
Die Fotos sind während meiner studienbedingten Mittelmeer Tour entstanden.






















































Anhand dieser Bilder möchte ich erklären, was der ominöse und nebulöse Leica Look für mich ist.
Danach möchte ich auf die Frage eingehen, ob dieser Look durch die Objektive oder doch durch die Kameras entscheident generiert werden - und ob es dafür die modernsten Ausführungen jeweiliger bedarf.

Ganz zu Beginn möchte bereits ein Missverständnis aus der Welt schaffen, nämlich das Vorurteil, dass Leica Linsen brachial scharf sein müssen. Das müssen sie nämlich nicht. Gerade die klassischen Walter Mandler Summiluxe waren - im Gegensatz zu den Summicrons - keine Schärfewunder, und doch haben diese Bilder etwas magisches, scharf anmutendes. Denn Leica Linsen zeichnen sich durch ihren hohen Mikrokontrast aus, eine andere Form von Schärfe. Zum Verständnis dazu: Die Photoshop Funktion "unscharf Maskieren" schärft einen maskierten Teil der Schärfeebene nach, während der Hintergrund belassen wird - diese Funktion wird von den meisten Photographen benutzt um den Bildern etwas mehr Pop zu verleihen. Dadurch bleibt der Hintergrund unberührt (weich), während die Schärfenebene noch stärker heraus sticht. Die meisten Leica Objektive haben diese Eigenschaft von Natur aus und machen diese Funktion völlig überflüssig!






Bei der Betrachtung der Urlaubsbilder fallen hauptsächlich drei Aspekte auf: Die Farben sind außerordentlich warm, der Kontrast ist hoch und die Unschärfebereiche sind sehr weich (siehe 4. Bild von unten). Besonders die blauen und roten Farben leuchten im tatsächlichen Farbton und der Mikrokontrast hebt die Schärfeebene noch einmal ab (sogenannte "Pop"). Gerade dieser ominöse Pop, die Dreidimensionalität der Bilder, finden sich auch bei anderen Herstellern, hauptsächlich allerdings bei Zeiss. Doch während Zeiss auf eine relativ kühle und sehr scharf gerechnete Renderung setzt, sind die Bilder bei Leica weich und warm.
Die Bilder fühlen sich dadurch deutlich realistischer und plastischer an, als überschärfte Fotos. Warum?

Unser Gehirn fokussiert zu erst die scharfen Stellen eines Bildes, das ist erwiesen. Überschärfte Bilder (oder gänzlich unscharfe Bilder) überfordern das Gehrin, da es länger braucht, die für die Verarbeitung relevanteste Stelle zu finden. Aus diesem Grund, und das ist meine Theorie, sind weiche aber scharfe Bilder für uns Betrachter am angenehmsten, denn sie verhalten sich am natürlichsten so, worauf unser Gehirn programmiert ist. Unser Gehirn sucht förmlich nach der Scharfen stelle und wird schließlich mit der instinktiv erwarteten Schärfestelle befriedigt ohne vom Hintergrund abgelenkt zu werden.

Dazu kommt, dass die direkten Schärfeübergangsstellen, also nicht jene Stellen die "direkt" in die Tiefenunschärfe "fallen" sondern sich dahin verlaufen, dieses Empfinden verstärken, da sie zwischen unschärfe und schärfe eine angenehme und sanfte Überleitung erzeugen.














Es lässt sich also zusammenfassen dass die Bilder einer Leica-Konstellation in meiner Auffassung durchaus einen eigenen Bildlook aufweisen. In meiner Wahrnehmung besteht dieser aus einem sehr guten Mikro(kontrast), ein faszinierendes Schärfe/Unschärfeverhalten und warme, aber dennoch kräftige Farben. Diese Punkte erkläre ich mir aus dem Verhalten des Objektives (Kontrast, Schärfe, Bokeh) als auch Leicas verwendete Sensoren (Planfläche, Wärme der Bilder).

Im Vergleich dazu einige Beispielbilder einer meiner lieblingslinsen, dem Zeiss 35mm 1.4 Distagon am Sony Sensor:

 

 







"Einfaches Nachschärfen" bei Sony ist in der Regel keine gute Idee







Das 35mm Distagon lässt sich in der Abbildungsqualität mit dem 35mm Asph Summilux (non FLE) vergleichen, es ist durch das Floating Element im Nahbereich sogar deutlich besser.
Und dennoch sieht man hier die Unterschiede sehr klar. Das 35mm erzeugt eine Schärfe, die in meinen Augen mit dem Rest des Bildes weniger gut harmoniert, die unscharfen Stellen sind "grieselig" und die Übergänge härter.





Ein typisches Zeiss/Sony Bild. Excellenter Mikrokontrast, kühler Bildlook









Diese Bilder sind nicht "schlechter" oder "besser", dennoch unterscheiden sie sich teils in Nuancen, teils ganz offensichtlich von denen aus der Leica und mit Leica. Die beiden Objektive sind circa gleich alt, und daher sehr gut zum Vergleich geeignet. Das Zeiss ist für circa 800 Euro zu erwerben, das Summilux circa 2000 Euro. Viele stellen sich nun die Frage: Ist nun die Bildqualität den 2,5 fachen Aufpreis wert? Hier muss ich ganz eindeutig den Einwand einwerfen, dass ein einfacher Dreisatz diese Frage überhaupt nicht lösen kann.
Um das zu erklären, habe ich bewusst meine privaten Familien und Urlaubsbilder als Anschauungsbilder benutzt. Die Reise ist nun schon fast ein Jahr her und viele Erinnernungen sind bereits verflogen. Was bleibt, sind die Bilder, die Bilder von meinen Kindern die in dieser Form auch nie wieder so zu sehen sind.
Hier muss man Prioritäten setzen: Für mich ist dieser emotionale Aspekt, diese für mich doch sehr wichtigen Bilder so angenehm wie es geht zu erzeugen, wesentlich entscheidender gewesen als das Preis/Leistungsverhältnis. Und genau das gleiche Verhältnis zu wichtigen Bildern haben auch meine Kunden: Bildqualität auf höchstem Niveau für persönlich wichtige Momente.
Familienfotos, Hochzeitsfotos, Urlaubsfotos, das sind alles Träger von Emotionen. Diese Gefühle können, und davon bin ich überzeugt, durch eine angenehme Bildqualität verstärkt werden.

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